Parteien als Zentrum der Willensbildung
Repräsentative DemokratieDie moderne Gesellschaft ist in viele unterschiedliche Milieus, Gruppen, Alters- und Erwerbskohorten gegliedert. Die Übergänge zwischen diesen sozialwissenschaftlich konstruierten Gruppen sind vielfältig. Eine Möglichkeit, die zahlreichen widerstreitenden Interessen so vieler Menschen in politische Programme und Ideen umzusetzen, sind die politischen Parteien. Es handelt sich dabei um Körperschaften beziehungsweise Vereine, deren Hauptziel die Mitwirkung an der Willensbildung im politischen Prozess ist. Eine vielfältige Parteienlandschaft ist ein klares Zeichen für eine starke repräsentative Demokratie. Ob eine funktionierende Demokratie vollkommen ohne diese Arena des politischen Handelns funktionsfähig sein kann, gilt unter Politikwissenschaftlern als umstritten.
Um den politischen Prozess zu gestalten, stellen die Parteien Vertreter zu Wahlen für die Parlamente und sonstigen Entscheidungsgremien auf. Die Kandidaten geben formal einen Teil ihrer Unabhängigkeit auf und vertreten das Wahlprogramm ihrer Partei, das sie gegebenenfalls nach eigenen Maßgaben etwas spezialisieren oder ausgestalten können. Im Gegenzug profitieren die Kandidaten von den finanziellen und organisatorischen Möglichkeiten der Parteien im Wahlkampf. Das sind unter anderem die bevorzugte oder vereinfachte Aufstellung von Parteigängern als Kandidaten, die Finanzierung von Wahlwerbung oder auch der Zugriff auf billige oder unbezahlte Arbeitskraft in Form von Wahlkampfhelfern.
KAderschmiede und politische Arena in einem
Gleichzeitig sind die Parteien einer Demokratie in der Regel in sich selbst der Demokratie verpflichtet. Auch die Personalauswahl und die Willensbildung innerhalb einer demokratischen Partei soll zumindest weitestgehend auf demokratischen Prinzipien beruhen. Es ist verständlich, dass der Grad der realen Demokratie und Entscheidungsfindung innerhalb einer Partei immer vom System und der Gesellschaft abhängt, in der sie existiert.
In der Regel sollten die Willensbildungen, Vorschläge und Anträge von Mitgliedern und politisch Aktiven in die nächsthöheren Parteitage oder Konferenzen weitergegeben und so lange abgestimmt werden, bis sie entweder keine Mehrheit finden oder in das politische Programm der Gesamtpartei Aufnahme finden. Dadurch, dass die jeweiligen Parteien unterschiedliche Alterskohorten, soziale Hintergründe und Ideen vertreten, können in den Parteiprogrammen die Interessen von sehr unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen zum Ausdruck kommen, die dann in einer Wahl um die Gunst des Wählers kämpfen.
Doch auch nach der eigentlichen Wahl spielen die Parteien eine Rolle. Diese kommt vor allem bei der Regierungsbildung und bei der Reaktion auf sich aktuell entwickelnde Fragen zum Tragen. So zeigen sich direkt nach der Wahl die möglichen Koalitionen für eine kommende Regierung genauso wie die politischen Projekte, die sich in der Legislaturperiode umsetzen lassen. Später sind es vor allem die Parteien, die politische Lösungsvorschläge für aktuelle Probleme machen und über die Stabilität der Regierung entscheiden.