Die Formen der direkten Demokratie sind in einem besonders starkem Maße der demagogischen Gefahr ausgesetzt. Warum ist das so? Als Demagogie bezeichnen Politikwissenschaftler Methoden, die genutzt werden, um Wähler, politische Entscheidet und die öffentliche Meinung zugunsten demokratiefeindlicher Einstellungen, Positionen und Entscheidungen zu beeinflussen. Dabei werden öffentliche Auftritte, bestimmte Formen der Rhetorik und einfache, in sich zunächst schlüssige Lösungen für komplexe Probleme angeboten.
Die „Volksverführung“, so die Übersetzung von Demagogie, dient dann anderweitigen Zwecken. Häufig sind dies Machterlangung, Machterhalt über die Grenzen der bis dahin herrschenden Verfassung hinaus oder die Durchsetzung von einzelnen, wenig demokratischen Programmpunkten eines bestimmten Parteiprogramms oder einer gewissen Weltanschauung. Demagogen gibt es auch, wenn ein demokratisches System auf repräsentative Formen setzt. Sie haben es dann aber aufgrund von eingebauten institutionellen Schranken des parlamentarischen Betriebs schwerer, zum Zuge zu kommen.
Basisdemokratie als Nährboden
In basisdemokratischen Systemen haben es demagogische Strömungen viel bessere Voraussetzungen für einen Erfolg. Wenn alle Wähler oder Bürger Teil des demokratischen Prozesses sind, können einfache Botschaften und simplifizierende Antworten viel eher durch den öffentlichen Auftritt in das politische Leben getragen werden.
Dazu kommt, dass demagogisches Gedankengut ein sich selbst verstärkendes Phänomen in der Basisdemokratie werden kann. Während einerseits die demagogische Strömung als Meinung in den politischen Betrieb und in die Formen der Abstimmung gelangt, wird sie durch die Partizipation am politischen Prozess an sich noch weiter salonfähig. In der Folge verschieben sich die Grenzen innerhalb von Debatten, da in der Basisdemokratie zunächst jeder Teilnehmer auch Agendasetter ist und somit auch den Fortgang der Diskussion beeinflusst.
Grenzen des Debattenraumes
Wenn die Grenzen des Diskussionsraums in Richtung der demagogischen Argumente aufgeweicht sind, dann kommt es unweigerlich zu einer Erosion der Diskussionskultur im Parlament und der Bevölkerung. Dies ist auch darin begründet, dass der Demagogie immer auch ein systemfremdes Element innewohnt. Ob damit auch zwangsläufig eine Erosion der Diskussionskultur und schließlich des gesamten Entscheidungsprozesses einhergeht, darf als fraglich angesehen werden.
Allerdings sprechen namhafte und langfristig angelegte Untersuchungen in Soziologie und Politikwissenschaft dafür, dass die Demagogie in einem demokratischen System entweder nur als Minderheitenmeinung existieren kann oder zwangsläufig zu einer Erosion von Entscheidungsstrukturen beiträgt. Doch auch basisdemokratische Systeme können sinnvolle Regelungen gegen einen demagogischen Einfluss errichten. Dazu gehören vor allem eine starke politische Volksbildung, eine gut aufgestellte und pluralistische Medienlandschaft und ein mehrstufiges, durch eine sachkundige Verwaltung flankiertes Entscheidungssystem.