Die Medien spielen in jeder Demokratie eine wichtige Rolle. Sie vermitteln in politischen Debatten zwischen der Bevölkerung und der politischen Klasse und sie bilden selbst ein Forum der politischen Auseinandersetzung. Diese Funktionen machen die klassischen Medien bereits zu einer wichtigen politischen Arena. Allerdings können sie in der Regel nur die politische Debatte spiegeln und sind selbst nicht die Foren, in denen eine Entscheidung getroffen, ausgehandelt, verkündet oder gar umgesetzt wird.
Im Konzept der Mediendemokratie hingegen sind die Medien nicht nur Ort der Debatte und der Öffentlichkeit, sondern vielmehr selbst Arena oder sogar Abstimmungsort für das politische Leben. Auch wenn dieses Konzept in Gänze erst mit den Möglichkeiten des Internets und vor allem der sozialen Medien wirklich an Fahrt gewonnen hat, so ist es doch gar nicht so neu. Erste Ansätze finden sich schon in den Frühzeiten des Buchdrucks und der aufkommenden Zeitungen. Berthold Brecht verband vor allem mit dem Radio die Idee, dass die Entscheidungsfindungen zukünftig vor allem in Medien und damit viel massentauglicher stattfinden könnten. Brecht maß hierbei der Möglichkeit, dass jeder Radioempfänger auch ein potenzieller Sender ist, die entscheidende Bedeutung bei.
Neue Möglichkeiten
Seit dem Aufkommen von Social-Media-Plattformen sind zunehmend auch seriöse Demokratieforscher und Verwaltungsfachleute auf das Konzept der Mediendemokratie eingestiegen. So bieten Apps und Plattformen, wie zum Beispiel Facebook, zahlreiche Möglichkeiten, die komplexen Prozesse der Entscheidungsfindung viel genauer nachzuvollziehen, als dies bei Volksbefragungen oder Volksbegehren der Fall wäre.
Vor allem der mobile und dezentrale Ansatz von moderner Mediendemokratie verspricht dabei die Partizipationsdefizite klassischer Demokratie zu überwinden oder zumindest deutlich abzufangen. Anstatt zu einer Ausschusssitzung mit Entscheidungsfindung zu einer ungünstigen Zeit anwesend zu sein, ist die Teilnahme über ein Telemedienverfahren geeignet, Bürger oder Mandatsträger einzubinden, die sonst aufgrund von familiären oder beruflichen Verpflichtungen nicht hätten teilnehmen können oder denen der Anfahrtsweg zu beschwerlich oder zu teuer ist.
Echtes Netzwerk oder nur Vernetzung?
Noch interessanter ist allerdings die Möglichkeit der Vernetzung. Der Bürger hat durch die niedrigschwelligen Veröffentlichungsangebote der Social-Media-Plattformen die Möglichkeit, eigene Themen zu publizieren und mit Inhalten oder Forderungen zu hinterlegen. Jeder hat damit prinzipiell die Möglichkeit zum Agendasetter zu werden – vorausgesetzt, es finden sich genügend andere Menschen, welche die Meinung oder das Anliegen teilen und damit ein Thema auf die politische Agenda und in den öffentlichen Raum befördern.
Doch in dieser idealen Weltsicht werden viele Probleme moderner Social-Media-Plattformen nicht ausreichend betrachtet oder vernachlässigt. So sind die Plattformbetreiber in fast allen Fällen keine staatlichen oder gemeinnützigen Körperschaften, sondern kommerzielle Unternehmungen, die vor allem mit personalisierter Werbung Geld verdienen und dazu mit den Daten der Nutzer gezielt Targeting betreiben. Ob dies mit einem demokratischen Prozess vereinbar ist, scheint hochgradig fraglich. Dazu kommt das Problem der Filterblase. Anstelle ein objektives Abbild der politischen Wirklichkeit, liefern die meisten Social-Media-Plattformen dem Nutzer einen Mikrokosmos von Gleichgesinnten. Der Dialog mit konträren Meinungen und Personen bleibt zumeist außen vor.