Der Rat als Instrument der direkten Demokratie
Direkte DemokratieDie Bildung von Räten ist eines der bekanntesten Instrumente der direkten Demokratie. Die bekannteste und bis heute einflussreichste Räte-Bewegung waren wahrscheinlich die Arbeiter- und Soldatenräte. Sie entstanden in der Schlussphase und während der Niederlage des Ersten Weltkrieges in Russland und in Deutschland. Aus Sowjet, dem russischen Wort für Rat, leitete sich später das komplette politische System und der Staatsname Sowjetunion ab.
Die Idee der Räte ist, dass sich alle Mitglieder eines Dorfes, einer Schicht, einer militärischen Einheit und so weiter zu einem Rat zusammenfinden. Alle politischen Fragen in dieser Gruppe, einschließlich der Gerichtsbarkeit, werden in diesem Rat verbindlich verhandelt. Um mit anderen Räten in Interaktion treten zu können, werden die fähigsten Vertreter in einen „Rat der Räte“ delegiert und vertreten dort ihre Ratsgenossen.
Jeder kann – jeder muss
Diese einfache Grundidee wird immer wieder in kommunistischen und anarchistischen Kreisen als idealer Zustand dargestellt. Dennoch sind eine ganze Reihe von problematischen Einzelheiten nicht von der Hand zu weisen. Die Räte an sich sind bereits eine Auswahl von Elite. Wer alt und krank oder müde ist, kann an der Versammlung nicht teilnehmen – hat also keine Stimme. Dazu kommt, dass der Rat sich selbst alle Bestimmungen geben und wieder aufheben kann, sodass eine Regierungskontinuität kaum zu erwarten ist und vielmehr den Stimmungen und täglichen Problemen der Ratsmitglieder gefolgt wird.
Ferner haben es Minderheiten oder Abweichler schwer. Ihre Rechte oder berechtigten Interessen werden in der Regel kaum beachtet und die Anfälligkeit für Demagogie ist entsprechend groß. Hinzu kommt, dass die regelmäßige Beratung mit allen Mitgliedern viel mehr Zeit und Energie benötigt als ein repräsentatives Verfahren.